Eckpunkte zu Windkraftausbau verstoßen gegen europäisches Recht und „die schiere Physik“ (R. Habeck)
Rittersdorf, 6. April 2022
Am 4. April 2022 stellten die Bundesumweltministerin, Steffi Lemke, und der Bundes-
minister für Wirtschaft und Klimaschutz, Dr. Robert Habeck, gemeinsame „Eckpunkte
für einen naturverträglichen Windkraftausbau“ vor. Damit würden „Bremsklötze
beseitigt“ (Lemke). Das sei „gerade heute besonders wichtig, da wir uns zügiger denn je
aus der Klammer von Öl- und Gas-Importen befreien müssen“ (Habeck). Die Eckpunkte
sehen u. a. vor, Landschaftsschutzgebiete für die Windkraft zu öffnen und artenschutz-rechtliche Standards erheblich zu senken. VERNUNFTKRAFT.Thüringen (VK-TH)
lehnt diese Vorhaben entschieden ab.
VK-TH weist darauf hin, dass die Eckpunkte zu Windkraftausbau gegen europäisches
Natur- und Arten schutzrecht verstoßen. Das Ziel des Koalitionsvertrags der Bundes-
regierung, Natur- und Artenvielfalt stärker zu schützen sowie die EU-Biodiversitäts-
strategie werden durch die vorgesehene Absenkung von Schutzvorschriften und die
Bebauung und Versiegelung von Schutzgebieten konterkariert. Die Vorgaben aus
beiden Ministerien untergraben die Arbeit der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogel-
schutzwarten.
Deren fachlich begründete Empfehlungen für Schutzabstände zu Brutplätzen („Helgo-
länder Papier“) gehen weit über die definierten Tabubereiche aus dem Eckpunktepapier
hinaus. Des Weiteren widerspricht eine Abwägung der Schutzgüter zu Lasten des Artenschutzes und eine Höherbewertung der erneuerbaren Energien mit der Begrün-
dung „öffentliche Sicherheit“ europäischer Rechtsprechung – wie in mehreren Rechts-
gutachten (im Okt. 2020 und Dez. 2021) dargelegt wurde.
Die Formulierung im Eckpunktepapier „Erneuerbare Energien liegen im über-ragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit. Damit
liegt der Ausnahmegrund in der Regel vor.“ ist irrational und suggeriert die Möglich-
keit, durch eine unsichere wetterabhängige Technologie zur öffentlichen Sicherheit
beizutragen zu können. Die Aussage des Ministers Habeck, wonach erst „zukünftig
klare und verbindliche Regeln für den Artenschutz beim Windausbau“ gelten würden,
weist VK-TH zurück. Vielmehr scheint es erklärte Absicht zu sein, verbindliche klare
Artenschutzregeln aus ideologischen und parteipolitischen Gründen aus dem Weg zu
räumen.
Vehement widerspricht VK-TH Minister Habecks Äußerung, dass der Windenergie-ausbau der Verminderung der Abhängigkeiten von Öl- und Gasimporten diene. Das
Gegenteil ist der Fall: Erst der massive Ausbau von wetterabhängiger Stromerzeugung
hat die Notwendigkeit (Schattenkraftwerke zur Stromnetzstabilisierung) und damit die
Abhängigkeit von schnell regelbaren Gas- und Ölkraftwerken (sogen. Brückentechno-
logien) verursacht – diese benötigen nun mal Gas und Öl (Kraftstoff) zur Stromer-zeugung.
Dr.-Ing. Detlef Ahlborn, VERNUNFTKRAFT.-Technologie-Vorstand, erläutert dazu:
„Im Interview mit Markus Lanz am 31. März verwies Minister Habeck zurecht auf die Unausweichlichkeit der „schieren Physik“. An dieser zerschellt auch sein Narrativ von
der geopolitischen Unabhängigkeit
durch Windkraft: Diesem ministerialen Modell „steht die schiere Physik im Weg“. Denn es war der
Windkraftausbau der letzten 15 Jahre, der uns immer stärker in die Abhängigkeit von russischem Gas geführt hat. Aufgrund der physikalischen Eigenschaften des Wind-stroms und nach den Regeln der mathematischen Statistik war dies klar vorhersehbar.
Sehenden Auges auf diesem falschen Weg zu beschleunigen, wird uns zusätzliche,
neue Abhängigkeiten bescheren.“
Vgl. https://www.zdf.de/gesellschaft/markus-lanz/markus-lanz-vom-31-maerz-2022-100.html
Mit den „Eckpunkten“ fordern die beiden Grünen Minister einen finalen Angriff
auf den Artenschutz und die letzten noch verbliebenen naturnahen Landschaften,
obwohl der Erhalt des ökologischen Gleichgewichts oberstes Gebot sein muss. Wir sollten uns dem mit aller Kraft entgegenstellen.
Der Vorstand VK-TH