Verein „proVogtlandschaft“ schreibt offene "Brandbriefe" an Landräte
02.11.2025: Verein schreibt Brandbriefe wegen Windkraftplanungen an
Landratsämter
https://www.otz.de/lokales/landkreis-greiz/article410338076/verein-schreibt-brandbriefe-wegen-windkraftplanungen-an-landratsaemter.html
Im Landkreis Greiz, Saale-Orla-Kreis und Vogtlandkreis wächst der Widerstand
gegen den Neubau von Windkraftanlagen in Ostthüringen und dem sächsischen
Vogtland.
Der Verein „proVogtlandschaft“ hat einen Brief voller Argumente an vier Landräte
geschickt.
Die Schreiben können über folgende Links geöffnet werden:
Schreiben an den Landrat im Vogtlandkreis Herrn Thomas Hennig
Schreiben an den Landrat im Landkreis Greiz, Herrn Dr. Ulli Schäfer
Schreiben an den Landrat im Saale-Orla-Kreis, Herrn Christian Herrgott
Schreiben an den Landrat im Landkreis Hof (BY), Herrn Dr. Oliver Bär
Der Verein für Landschafts- & Artenschutz im sächsischen, thüringischen
undbayerischen Vogtland hat in einem offenen Brief die Landräte im Land-
kreis Greiz, Saale-Orla-Kreis und dem sächsischen Vogtlandkreis angeschrieben,
um diesen eine Vielzahl Argumente gegen die Installation neuer Windkraftanlagen
in der sächsisch-thüringischen Grenzregion an die Hand zu geben.
„Wir möchten Ihnen die folgenden Argumente, die für ein mögliches Verbot des
Baues von Windkraftanlagen sprechen, zusenden und darum bitten, dies den zu-
ständigen Behörden des Landratsamtes für ein Genehmigungsverfahren zur
Verfügung zu stellen“, heißt es in dem an alle Behörden gleichlautenden Schreiben.
Jede Behörde könne bei Genehmigungsverfahren ihre Ablehnung betonen und
daran festhalten, insbesondere mit Begründungen, wie dem Verstoß gegen
grundgesetzliche Regeln (Grundrechte, europäisches Recht sowie den Schutz
von Natur, Leben und Gesundheit). So könne sich die Behörde beispielsweise
auf Artikel 2, Absatz 2 GG, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit,
oder den Artikel 14 GG, zum Eigentumsschutz berufen. Auch Artikel 20a GG, das festgelegte Staatsziel Umweltschutz könne als Argument herangezogen werden.
Verein führt europäische Rechtsnormen als Argumente an
So dürfe eine Genehmigung nicht erteilt werden, wenn dadurch beispielsweise
Leben, Gesundheit oder Umwelt gravierend gefährdet würden. Die Behörden
müssten auch das Unionsrecht beachten, heißt es vom Verein, der auf den
Artikel 191 AEUV (Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
Ziele der EU-Umweltpolitik), verweist.
Dort sei der Schutz von Umwelt, Gesundheit und die nachhaltige Entwicklung
geregelt, was unter anderem auch die Umweltverträglichkeitsprüfungsrichtlinie,
die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und die Vogelschutzrichtlinie beinhalte.
Auch der Schutz von Natura-2000-Gebieten und Arten sowie die Wasserrahmen-
richtlinie wird ins Feld geführt. Denn bei Genehmigungsverfahren müssen
Behörden prüfen, ob europäische Umweltvorgaben eingehalten werden. Ein
Verstoß könne dazu führen, dass die Genehmigung rechtswidrig und nichtig ist,
heißt es in dem Schreiben.
„proVogtlandschaft“ beklagt benachteiligte ländlichen Räume
Der Verein, der als erklärter Windkraftgegner bekannt ist, erwähnt, dass bei
Nichtbeachtung der entsprechenden Schutzgüter Genehmigungen auch
gerichtlich angefochten und aufgehoben oder für nichtig erklärt werden
könnten. Dafür werden verschiedene Beispiele höchstrichterlicher Recht-
sprechung ins Feld geführt.
Die im GG Artikel 72 verankerte Pflicht zur Herstellung gleichwertiger Leben-
sverhältnisse werde mit der vermehrten Aufstellung von Windkraftanlagen
in ländlichen Regionen unterlaufen, Abkommen zum Biodiversitätsschutz
würden nicht beachtet und die gezielte Förderung von Artenvielfalt und die
Erhaltung von Wäldern würden unterlaufen.
Zudem verwies man auf das Lieferkettengesetz, das sich an den UNO-
Prinzipien zur Wahrung der internationalen Menschenrechte orientiert.
„Die in Windanlagen verbauten Materialien stammen zu großen Teilen aus
gefährdeten Gebieten (Balsa-Holz aus Brasilien, Ecuador, Indonesien,
seltene Erden aus China)“, heißt es in dem offenen Brief, der zudem einen
Verstoß gegen die EU-Vogelschutzrichtlinie (seit 1979 gültig) anprangert.
Eintrag giftiger Stoffe ins Grundwasser, den Nahrungskreislauf befürchtet
Schwierig sei auch der Einsatz von giftigen Stoffen in Windkraftanlagen, soge-
nannten PFAS, also per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen, eine Gruppe von
mehreren tausend synthetischen Industriechemikalien, die schwer oder teil-
weise gar nicht abbaubar sind und als extrem gesundheitsgefährdend gelten.
Sie könnten sich in der Umwelt, beispielsweise im Grundwasser, in der Nahrungs-
kette und im menschlichen Körper anreichern. Die rotierenden Windradblätter
verlören regelmäßig Mikro- und Nanopartikel des verwendeten Materials, wie
auch der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages bestätigt habe.
Ein weiteres Thema sei der Rückbau der Anlagen, der umweltverträglich kaum
darstellbar wäre. Insb. die GFK- und CFK-Materialien wären in höchstem Maße
gefährlich. Bei der Zerstörung des Materials entstünden feinste Partikel, die
Asbestfasern gleichen und keinesfalls eingeatmet werden dürften
Verweis auf Gerichtsentscheidungen in europäischen Ländern
Weiterhin werden Argumente wie das Phänomen abnehmender Windge-
schwindigkeiten und erhöhter Temperaturen sowie Trockenheit in Gebieten
mit vielen Windkraftanlagen ins Feld geführt. Auch die Gefährdung von
Mensch und Tier durch Schall- und Schattenemissionen wird thematisiert.
„In anderen Ländern der EU – wie beispielsweise in Frankreich (März 2024)
und Norwegen – wurden bereits gerichtsfest gesundheitliche Schädigungen
von Menschen und Tieren durch Windkraftanlagen akzeptiert. Dort wurden
Baugenehmigungen untersagt beziehungsweise sogar Rückbauten per
staatlicher Anweisung oder Urteil abgeordnet“, schreiben die Verfasser der „proVogtlandschaft“ an die Landräte.
Auch Sicherheitsbedenken werden angemeldet. So sei die Löschung von
brennenden Windrädern nicht möglich. Der Feuerwehrverband Berlin
plädiere gar für ein kontrolliertes Abbrennen von in Feuer geratenen Wind
kraftanlagen, was allerdings durch die verarbeiteten Materialien ebenfalls
Fragen in Sachen Umweltschutz aufwerfe.
